Mit der DIN 1055-100 wird das semiprobabilistische
Sicherheitskonzept zur Berechnung der Bemessungsschnittgrößen
eingeführt, auf das insbesondere die DIN 1045-1 bereits
ausdrücklich Bezug nimmt. |
Die Ermittlung der Bemessungsschnittgrößen
n. DIN 1055-100 erfolgt mit bestimmten Eigenarten prinzipiell
nach dem Schema des Eurocode. |
Neuerungen gegenüber der Vorgehensweise in
den alten Normen sind die Aufspaltung der Sicherheitsfaktoren
auf der Last- und auf der Materialseite sowie die erforderliche
Variation von führenden und nicht führenden Verkehrseinwirkungen
unter Verwendung von Kombinationsbeiwerten zur wahrscheinlichkeitsbasierten
Abschätzung gleichzeitig wirkender Verkehrslasten unterschiedlicher
Ursachen. |
Das Hauptanliegen des Benutzers moderner Statikprogramme
beschränkt sich damit nicht auf die Ermittlung der Schnittgrößen
diverser Lastfälle, sondern zielt auf das gesteuerte, automatisierte
Führen von Nachweisen in der von den zugrunde liegenden
Normen geforderten Form. |
Speziell bei aus verschiedenen Materialien zusammengesetzten
Bauteilen spielen hier unterschiedliche Normen eine Rolle, die
ihrerseits auf unterschiedlichen Sicherheitskonzepten basieren. |
pcae
stellt mit der programmtechnischen Umsetzung dieses Nachweiskonzeptes
eine Struktur vor, die sowohl den alten Normen (wie etwa der
alten DIN 1052) als auch neuen Vorschriften (DIN 1045-1) bis
hin zu Eurocode und DIN- Fachberichten gerecht wird. |
Die bereitgestellten Eingabemechanismen gewährleisten
bei geringem Eingabeaufwand eine korrekte und vollständige
Umsetzung der aktuell geforderten Nachweisstruktur mit allen
enthaltenen Teilsicherheits- und Kombinationsbeiwerten. |
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DIN 1055-100 wie auch die Eurocodes unterscheiden
auf oberster Ebene zwischen den Nachweisen zur Sicherstellung
der Tragfähigkeit und denen der Gebrauchstauglichkeit. |
Die Tragfähigkeitsnachweise werden ihrerseits
in ständige und vorübergehende sowie in außergewöhnliche
Bemessungssituationen eingeteilt; die Gebrauchstauglichkeitsnachweise
unterscheiden zwischen seltener,
häufiger und quasi-ständiger Kombination. |
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Ständige und vorübergehende Bemessungssituationen
entsprechen den normal zu erwartenden Beanspruchungen (Eigengewicht,
Verkehr, Schnee, Wind etc.) und ggf. Bauzuständen. Außergewöhnliche
Bemessungssituationen untersuchen Sonderlasten (Anpralllasten,
Flugzeugabstürze etc.). |
Während die Differenzierung zwischen den
Bemessungssituationen von der zu untersuchenden Belastungskombination
und dem Ursprung ihrer Anteile abhängt, entscheidet bei
den Gebrauchstauglichkeitsnachweisen der spezielle Nachweistyp,
ob er für eine seltene, eine häufige oder eine quasi-ständige
Kombination zu führen ist. |
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Bei der Betrachtung der Bauwerksbelastung sprechen
die Normen von Einwirkungen. |
Eine Einwirkung ist die Summe aller Lasten derselben
Ursache und darf nicht mit einem Lastfall (Teileinwirkung) verwechselt
werden. Z.B. sind bei Windlasten die Lastfälle Wind
von links, Wind von rechts, Wind von vorne
etc. einzeln zu untersuchen. Sie alle gehören aber zur
Einwirkung der Windlasten, da der Wind die Ursache darstellt. |
Während in den früheren Normen für
einen Nachweis i.d.R. ein Sicherheitsfaktor an zentraler Stelle
(auf der Materialseite) berücksichtigt werden musste, werden
gemäß den neuen Normen Sicherheitsbeiwerte den einzelnen
(mit Unsicherheiten belegten) Eingangsgrößen zugeordnet. |
Hierbei sind ein Teilsicherheitsbeiwert für
die Materialseite, ein Teilsicherheitsbeiwert für die Lastseite
und Kombinationsbeiwerte für die Lastkombinationsseite,
die die Wahrscheinlichkeit des gleichzeitigen Auftretens verschiedener
Einwirkungen berücksichtigen, im Einzelnen zu betrachten.
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Der Teilsicherheitsbeiwert auf der Lastseite unterscheidet
zum einen zwischen ständigen und veränderlichen Einwirkungen,
zum anderen zwischen günstigen und ungünstigen Auswirkungen.
(Die Werte für die einzelnen Sicherheitsbeiwerte sind im
Handbuch das pcae-Nachweiskonzept abgedruckt). |
Es ist plausibel, dass beim Tragfähigkeitsnachweis
eine veränderliche Einwirkung nur an Stellen mit ungünstiger
Auswirkung mit einem erhöhten Sicherheitsfaktor berücksichtigt
werden muss. An Stellen, wo sie sich günstig auswirkt,
muss sie unberücksichtigt bleiben. Sich günstig auswirkende
ständige Einwirkungen sind hingegen
(da sie ständig wirken) mit dem Teilsicherheitsbeiwert
1.0 zu berücksichtigen. Bei ungünstiger Auswirkung
ist der Faktor 1.35 zu wählen. |
Die Kombinationsbeiwerte sind letztlich Abminderungsfaktoren,
die der Unwahrscheinlichkeit Rechnung tragen, dass alle definierten
veränderlichen Einwirkungen in voller Größe
gleichzeitig wirksam sind. |
Für jede der oben besprochenen Nachweisklassen
ist in Eurocode / DIN 1055-100 eine für die Extremalbildungsvorschrift
als auch für die Bildung der Lastkollektive verbindliche
Kombinationsformel angegeben. |
Sie liefern beim Tragfähigkeitsnachweis den
Bemessungswert einer Schnittgröße. |
Für die Gebrauchstauglichkeitsnachweise legen
sie fest, was unter seltener, häufiger bzw. quasi-ständiger
Kombination zu verstehen ist. |
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für ständige
und vorübergehende Bemessungssituationen |
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für außergewöhnliche
Bemessungssituationen |
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für Erdbebensituationen |
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für seltene
Kombinationen |
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für häufige Kombinationen |
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für quasi-ständige
Kombinationen |
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Hierin bedeuten |
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charakteristischer Wert
der ständigen Einwirkung i. Werte werden in
EC1 bzw. DIN 1055 festgelegt. |
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charakteristischer Wert
der veränderlichen Einwirkung gemäß
EC1 bzw. DIN 1055.
Ist i = 1, spricht man von der führenden
veränderlichen Einwirkung (Leitwert). Alle
anderen veränderlichen Einwirkungen sind nicht
führende Einwirkungen (Begleitwerte). |
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Teilsicherheitsbeiwert
für eine ständige Einwirkung. Hierbei
ist zu untersuchen, ob sich die zugeordnete Einwirkung
i im betrachteten Bemessungspunkt günstig oder
ungünstig auswirkt. |
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Teilsicherheitsbeiwert
für eine veränderliche Einwirkung. Hierbei
ist zu untersuchen, ob sich die zugeordnete Einwirkung
im betrachteten Bemessungspunkt günstig oder
ungünstig auswirkt. |
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Kombinationsbeiwert |
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charakteristischer Wert
der Sonderlast gemäß EC1 bzw. DIN 1055. |
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Wenn nicht von vornherein klar ist, welche veränderliche
Einwirkung führend ist (also den maßgeblichen Anteil
an den Schnittgrößen in allen Punkten des Systems
liefert), müssen entsprechende Alternativen untersucht
werden. |
Sicherheit gewinnt man nur dadurch, dass jede
veränderliche Einwirkung einmal den Part der führenden
Einwirkung übernimmt und jeweils mit den verbleibenden
veränderlichen Einwirkungen, versehen mit dem jeweiligen
(abmindernden) Kombinationsbeiwert, überlagert wird. |
So gesehen stellen die Kombinationsformeln jeweils
nur eine von n zu untersuchenden Alternativen dar, wobei n die
Anzahl der Verkehrseinwirkungen ist. |
Die von pcae
eingeführte verallgemeinerte Darstellung der o.g. Formeln
liefert ein Auswertungsschema für alle definierten Nachweisklassen |
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Schnittgrößen
aus den Lastfällen der ständigen Einwirkungen |
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Schnittgrößen
aus den Lastfällen der Verkehrseinwirkungen.
Mit i = 1 sind die Lastfälle der
führenden Einwirkungen zusammengefasst. |
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Teilsicherheitsbeiwert
für eine günstige Auswirkung |
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... für eine ungünstige
Auswirkung |
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Kombinationsbeiwert für
die führende Verkehrseinwirkung |
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... für nicht-führende
Verkehrseinwirkung |
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Die Überlagerung der Schnittgrößen
kann durchgeführt werden, wenn die vier Teilsicherheits-
und Kombinationsbeiwerte für jede definierte Einwirkung
gegeben sind. |
Eine Tabelle, die diese Faktoren für die
definierten Einwirkungen ausweist hat somit Definitionscharakter
für die regelkonforme Ermittlung der Bemessungsschnittgrößen. |
Mit Verweis auf die o.a. Summierungsformel nennen
wir die so festgelegte Tabelle eine Extremalbildungsvorschrift. |
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Zu jedem auf linearen Berechnungen (mit Gültigkeit
des Superpositionsgesetzes) basierenden Nachweis reicht i.d.R.
eine derartige Extremalbildungsvorschrift für die erforderliche
Schnittgrößenüberlagerung aus. |
Jedoch ist mit Sicherheit an jedem Nachweisschnitt
oder auch an jeder Stelle eines Nachweisschnittes (z.B. oben/unten)
eine andere Schnittgrößenkombination maßgebend. |
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Wem das noch nicht genug ist: Für nichtlineare
Berechnungen, bei denen Schnittgrößen nicht superponiert
werden dürfen, sind in der beschriebenen Kombination Lastfallkollektive
zu bilden. |
Ein Lastkollektiv stellt jedoch immer nur gerade
einen speziellen Untersuchungsfall dar. Dementsprechend müssen
hinreichend viele Lastkollektive definiert werden, um möglichst
alle maßgebenden Lastkombinationen zu untersuchen. |
Selbst bei alltäglichen Tragwerken mit geringen
Anzahlen von Einwirkungen und Lastfällen ergeben sich schnell
Lastkollektivanzahlen in der Größe von zehntausenden
Fällen, die selbst bei den heutigen leistungsfähigen
Rechnern zu unerträglichen Rechenzeiten führen. |
Auch für diesen Fall stellen die Nachweisprogramme
Algorithmen bereit, die Anzahl der Lastkollektive
automatisiert zu reduzieren. |